Ich bin ein großer Blake Snyder-Fan, wenn es um Plot geht. Allerdings fühlen sich Anfänger teilweise von den vielen „Beats“ überfordert. Die Schneeflockenmethode funktioniert etwas anders und ist sehr organisch. Gerade, wenn man seinen ersten Roman plottet, ist diese Methode manchmal besser geeignet, weil sie leicht verständlich und sehr umkompliziert ist. Deshalb gibt es heute einen Erfahrungsbericht einer Autorin beim Schreiben ihres ersten Romans, welche die Methode nutzt. Wenn du dich noch weiter mit dem Plotten beschäftigen möchtest, dann lies auch den Beitrag zum Plotten mit Blake Snyder.
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Kati Lungershausen und die Schneeflockenmethode
Als angehende Autorin setze ich mir manchmal sehr ambitionierte Ziele. Dazu gehört für diesen November die Teilnahme am NaNoWriMo. Kurz: Ich möchte einen Roman von 50.000 Worten in 30 Tagen schreiben. So der Plan. Und so saß ich pünktlich am 1. November da, an meinem wunderbar ausgestatteten Arbeitsplatz, Kaffeetasse links, Snacks rechts, mit dem Laptop genau vor mir und freute mich, mit einem Start um 5 Uhr morgens schon einen gewaltigen Zeitvorsprung zu haben.
Plotten oder nicht plotten?
Wäre da nur nicht dieser unverschämt blinkende Cursor, der mein Problem sofort erkannt hatte. Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Warum? Weil ich schlichtweg nicht wusste, was ich schreiben sollte. Natürlich hatte ich mir im Vorfeld Gedanken gemacht und eine schöne Idee im Kopf, hatte einzelne Szenen schon wie einen Film vor meinem inneren Auge abgespielt. Mein Versuch, das Ganze in eine Plotstruktur zu packen, wie Blake Snyder sie anhand seiner Beat Sheets so großartig entwickelt, ist allerdings gescheitert. Ich hatte das Gefühl, erst wochenlang Strukturen lernen zu müssen und habe mich ständig Dinge gefragt, wie: Ja, was soll der Held in der Szene 13 nochmal genau für eine Entwicklung nehmen? Wie soll ich jemals fertig plotten, wenn mir doch Szene 28 fehlt?
Snowflake-Methode als goldene Mitte
Deshalb dachte ich mir, dann bin ich bestimmt ein Pantser, also jemand der ohne ausgeklügelten Plot schreibt und sich von der Geschichte und den Figuren treiben lässt und fühlte mich gewappnet für den NaNoWriMo. Aber das leere Dokument vor mir bescheinigte mir das Gegenteil. Aufgeben wollte ich aber nicht, nicht schon, bevor alles begonnen hat. Ich erinnerte mich, dass Julia in ihrem Artikel über das Plotten mit der Methode von Blake Snyder unter anderem auch die Snowflake-Methode erwähnt. Der Erfinder, Randy Ingermanson, hat eine tolle Webseite, auf der er die Methode detailliert vorstellt. Eine sehr gute deutsche Beitragsserie dazu hat Jacqueline Vellguth auf ihrem Blog veröffentlicht.
Goldilocks
Es lohnt sich aber in jedem Fall, das Buch zu lesen. Ab der ersten Seite schafft es Ingermanson, mit viel Humor genau das Dilemma zu beschreiben, in dem ich mich zu Beginn des NaNoWriMo befand. Und ja, es gibt einen Mittelweg zwischen ausführlichem Plotten und gar nicht plotten. Der „Snowflake-Guy“ nimmt den Leser fast unbemerkt an die Hand und führt ihn durch die Geschichte der Protagonistin “Goldilocks”, also Goldlöckchen, die einen Roman schreiben möchte. Dabei erarbeitet sie sich die Geschichte von einem Satz, über einen Absatz von fünf Sätzen bis zum vollständigen Roman und gibt Einblick in ihre Ideenentwicklung.
Endlich sinnvoll plotten
Damit vermittelt die Snowflake-Methode den Eindruck, eben nicht gleich alle Antworten haben zu müssen, sondern seinen Gedanken freien Lauf lassen zu können. Ich habe es ausprobiert und siehe da, der erste Satz war kein Problem. Der erste Absatz in fünf Sätzen? Schnell geschrieben und die Figuren hatte ich sogar auch schon ziemlich weit entwickelt. Das war mir vorher gar nicht bewusst. Aber so habe ich mit viel Spaß die letzten Tage dazu genutzt, langsam meine ganz persönliche erste Schneeflocke zu bauen. Vielleicht schaffe ich am Ende nicht die 50.000 Worte. Aber ich finde langsam die Schreibroutine, die Julia und viele andere großartige Autoren als so wichtig ansehen und fühle mich schon jetzt wie eine kleine Gewinnerin.
Kati Lungershausen ist Coach in den Bereichen Hochbegabung, Vielbegabung und Hochsensibilität, Editorial Consultant und Volljuristin. Sie liebt das Schreiben und alles Kreative und arbeitet gerade an ihrem ersten Roman.
Und so funktioniert das Plotten nach der Snowflake-Methode
- Schreibe eine Ein-Satz-Zusammenfassung deines Romans. Das entspricht der Logline bei Blake Snyder. Dies kann später der Anfang deines Exposés sein. Nutze keine Charakternamen, sondern eher Personen und Adjektive. Schau dir die einzeiligen Klappentexte der New York Times an. Du kannst dir aber auch die Einzeiler auf Filmplakaten anschauen, die New York Times bekommen wir ja hierzulande nicht so leicht. Um wen geht es, was hat der Charakter zu verlieren, was will er?
- Entwickle aus diesem einen Satz einen Absatz. Darin sollten die drei größten Katastrophen und das Ende der Geschichte enthalten sein. Jede Katastrophe nimmt ein Viertel des Buches ein, das Ende ist das letzte Viertel. Achte darauf, dass insbesondere die letzteren Katastrophen vom Helden selbst verursacht werden, der versucht, etwas in Ordnung zu bringen. Ideal sind nach Ingermanson hierzu fünf Sätze.
- Jetzt, da du den groben Überblick hast, konzentrierst du dich auf deine Hauptfiguren und entwickelst für jeden eine sogenannte Storyline. Diese enthält:
- Name
- Ein-Satz-Zusammenfassung der Entwicklung (Storyline) des Charakters
- Motivation (allgemein)
- Ziel (konkret)
- Hindernis, um das Ziel zu erreichen
- Wie verändert er sich, was lernt er?
- Eine Ein-Absatz-Zusammenfassung der Entwicklung des CharaktersDu findest all diese Punkte auch in der fertigen Scrivener-Vorlage, die du hier herunterladen kannst
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- Jetzt hast du einen Überblick und ein paar Stunden oder Tage daran gearbeitet. Das ist gut! Lieber länger jetzt, als später Hunderte von Seiten löschen! Jetzt kannst du deinen Absatz weiterentwickeln, Szenen hinzufügen, von dem Kernkonzept weiter ausgehen. Denn jetzt weißt du, worum es geht und kannst dich immer wieder auf die Hauptgeschichte zurückbesinnen. Jeder Absatz, außer der letzte, endet in einem Wendepunkt/einer Katastrophe.
- Schreib jetzt eine einseitige Beschreibung für jeden deiner Hauptcharaktere. Erzähle die Geschichte dabei jeweils aus Sicht des jeweiligen Charakters.
- Jetzt geht es daran in der nächsten Woche (aber du kannst dir deinen eigenen Zeitplan machen) aus der einseitigen Plotübersicht eine vierseitige Übersicht zu machen.
- Nun geht es nochmal an die Charakterbeschreibung. Ingermanson rät dazu, vollständige Charakterblätter zu entwickeln. Dazu gehört alles, was es über den jeweiligen Charakter zu wissen gibt. (Das ist ein Schritt, den ich persönlich zu aufwendig finde. Ich weiß ja schon, wie sich der Charakter in der Geschichte entwickelt). Aber Ingermanson betont einfach, wie wichtig Charakterentwicklung ist und grundsätzlich hat er natürlich Recht. Vielleicht kommt es mir aufwendig vor, weil Charaktere mir einfach fallen und meist im Kopf sehr reifen.
- Erstelle nun eine Szenenliste mithilfe der vierseitigen Zusammenfassung. Schreibe die Szenen aus, die du brauchst, damit die Abschnitte zum Leben erwachen. Du kannst jetzt Dialoge einfügen, Beschreibungen und Konflikt.
- Nun kannst du laut Ingermanson eine erzählende Zusammenfassung des gesamten Buches anfertigen. Für mich ist das ein Treatment, wie es im Film geschrieben wird, bevor das eigentliche Drehbuch entsteht. Ich persönlich finde das für einen Roman recht aufwendig. Gleichzeitig: Es geht ja darum, alle möglichen Methoden auszuprobieren und sich dann die Methoden zu eigen zu machen, die einem persönlich am besten weiterhelfen.
- Ach ja. Jetzt kannst du deinen Roman schreiben.
Wie ist es bei dir: Wie plottest du? Plottest du überhaupt? Und wie gefällt dir die Schneeflockenmethode? Schreib es gern in die Kommentare.
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